Covid-19 Pandemie – Lagebericht

Anna Dengels Ordensschwestern helfen den Ärmsten der Armen

Die Missionsärztlichen Schwestern stehen weiter an vorderster Front im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus in Afrika und Indien - ein Lageüberblick.

(30. April 2020) - In Attat in Äthiopien, in Ugandas Hauptstadt Kampala, in Kenia, in Ghana oder in den indischen Bundesstaaten Kerala, Madhya Pradesh, Bihar, Maharashtra - in all diesen Regionen steht der Orden der Missionsärztlichen Schwestern (Medical Mission Sisters, MMS) teils an vorderster Front, um die Ausbreitung der Covid-19 Pandemie einzudämmen und jenen Menschen zu helfen, die durch den „Lockdown“ unmittelbar in ihrer Existenz bedroht sind. Über Schutzmaßnahmen aufklären, Gesichtsmasken nähen, Desinfektionsmittel herstellen, Verdachtsfälle betreuen oder Lebensmittel verteilen - die Arbeitsliste für die Schwestern ist eine lange und Unterstützung notwendig.

„Während in Österreich alles darauf hindeuten, dass wir die Pandemie gut überstehen, müssen wir jetzt unbedingt mithelfen, damit das Coronavirus und die auch damit verbundenen negativen wirtschaftlichen Folgen die Ärmsten der Armen in diesen Ländern nicht mit voller Härte treffen“, sagt Reinhard Heiserer, Obmann des Vereins Freunde Anna Dengel (FAD), der in Österreich die Arbeit der MMS seit Jahren tatkräftig unterstützt.

Sorge um Taglöhner in Äthiopien

Im Vergleich mit Europa ist in fast allen Ländern Afrikas die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen relativ gering, aber steigend. Wie weit man offiziellen Zahlen vertrauen kann, weiß niemand so genau. „Ich selbst vertraue immer noch am meisten auf das gute Immunsystem der Äthiopier und auf die Tatsache, dass wir eine junge Bevölkerung haben“, berichtet MMS-Schwester Rita Schiffer, ärztliche Leiterin des rund 175  Kilometer südwestlich der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba gelegenen Krankenhaus Attat. Das letzte von Anna Dengel noch selbst gegründete Spital versorgt eine vorwiegend ländliche Region mit einem Einzugsgebiet von ca. 100 Kilometern und einer Bevölkerung von knapp einer Million Menschen.

So gut es geht, hat man in Attat Vorsorgemaßnahmen getroffen: Ein- und Ausgänge sind getrennt, jeder der das Gelände betritt wird „gescreent“ (Fieber messen etc.), eine „pre-triage“ Zone wurde eingerichtet, Besucher haben keinen Zugang, Händewaschen und Abstand halten stehen an der Tagesordnung. Schutzausrüstung (für das Personal) sowie Desinfektionsmittel sind eher Mangelware. Sr. Rita: „Bis Ende April haben wir aber noch keinen Verdachtsfall gehabt. Unser Public-Health-Team geht in unserem Einzugsgebiet von Haus zu Haus, um Leute zu informieren und Rat zu geben.“  Sorge bereiten Sr. Rita die Folgen der in Äthiopien geltenden zahlreichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens: „Tagelöhner, die jetzt kein Einkommen haben, können für ihre Familien kein Essen einkaufen.“ Wie sich die (wirtschaftliche) Lage im Land weiterentwickelt, lasse sich noch nicht abschätzen, in einigen Dörfern werden vom Staat bereits Lebensmittel verteilt.

„Lockdown“ sorgt für Hunger

Ähnlich ist die Situation in anderen Ländern Ostafrikas, wie etwa Uganda. „Die Fallzahlen haben sich vorerst stabilisiert, viele der Infizierten sind Lkw-Fahrer aus Kenia und Tansania. Der Lockdown lässt aber etwa die Fälle von häuslicher Gewalt steigen“, schreibt MMS-Schwester Josephine Nafula aus Kampala. Vielen Menschen fehlt es in Uganda an (Grund-)Nahrungsmittel, aber „nur die Taskforce der Regierung darf die Armen mit Lebensmittel versorgen.“ Von einem „unvergesslichen“ Erlebnis erzählt Sr. Suzan Asinde, die einen jungen „Verdachtsfall“ 14 Tage lang betreut hat: „Dan zeigte typische Symptome, glücklicherweise stellte sich heraus, dass er nicht mit dem Coronavirus infiziert war, wir haben ihn dann in sein Dorf begleitet und die Menschen dort extra darauf hingewiesen, dass er kein Kranker ist.“

Weil keine Schutzmasken aufzutreiben waren, haben MMS-Schwestern in Angiya im benachbarten Kenia beschlossen, selbst welche anzufertigen.

„Wir werden an Hunger sterben, nicht an COVID-19!“ - solche Meldungen kursieren in den Sozialen Medien im westafrikanischen Ghana, wie MMS-Schwester Rita Amponsah-Owusu, die im „Holy Family Hospital“ in Techiman als Pharmazeutin arbeitet, berichtet. Der zunächst verfügte „Lockdown“ in den großen Städten Ghanas hat viele Menschen um ihre Verdienstmöglichkeiten gebracht und „damit hatten sie buchstäblich nichts mehr zu Essen“. Lebensmittel wurden (auch von NGOs) verteilt, doch dies war nicht ausreichend - deshalb wurde der totale „Lockdown“ von Ghanas Präsidenten wieder aufgehoben (Einschränkungen wie geschlossene Schulen keine Veranstaltungen bleiben jedoch). Die Zahl der Corona-Infizierten steigt in Ghana, im Spital in Techiman „haben wir bisher noch keinen Fall“. Desinfektionsmittel wie auch Schutzmasken sind zwar erhältlich, aber sehr teuer. Deshalb „verteilen wir das an die Ärmsten auch weiterhin gratis.“

Essen für Wanderarbeiter in Indien

Rund 5000 selbst produzierte Masken haben MMS-Schwestern etwa in der Distrikts-Hauptstadt Khandwa im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh gratis verteilt. Im dicht besiedelten Indien wurde der „größte Lockdown“ der Welt bereits auf Anfang Mai verlängert, schwer davon betroffen sind vor allem die Millionen an indischen Arbeitsmigranten, die nun kein Einkommen und so auch kein Essen mehr haben. In vielen Regionen versuchen deshalb die MMS ganze Familien mit Lebensmittel etwa aus Gemeinschaftsküchen zu versorgen.

„Wir haben einige Wanderarbeiter, die nicht mehr zu ihren Familien in West Bengal konnten, auf unserem Campus untergebracht und versorgen sie mit Essen“, schreibt Sr. Rowena Miranda aus Pune im Bundesstaat Maharashtra. Die Schwestern in Pune - dort wird zur Zeit ein vergrößertes, ganzheitliches Gesundheitszentrum auch mit Unterstützung der Freunde Anna Dengel errichtet - sind selbst auf ihrem weitläufigen Areal auf einem Hügel in „Hausarrest“. Die Slums in der Stadt, so Sr. Rowena, sind vom Lockdown am schlimmsten betroffen: „Die Preise für Obst, Gemüse, Hühnerfleisch sind sehr gestiegen, Lebensmittel sind nicht in ausreichenden Mengen verfügbar.“ Deshalb versorgen die Schwestern Patienten aus ihrem (derzeit geschlossenen) Zentrum und deren Familien mit Proviantpaketen, die diese direkt am Campus-Eingang abholen können.

In Delhi kümmern sich MMS-Schwestern zum Beispiel um die Familien von (nunmehr arbeitslosen) Rikschafahrern und  um gestrandete Wanderarbeit. Gemeinsam mit anderen Ordensleuten wird etwa Essen gekocht. In Hajipur im Bundesstaat Bihar sind die MMS rund um Sr. Smita Parmar unterwegs, um insbesondere in den Dalit-Dörfern (die hinduistischen Dalits zählen in Indien zur Gruppe der „Unberührbaren“) mittels eigens inszenierter „Straßentheater“ über Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus aufzuklären. Im Kurji Holy Family Hospital in Patna, der Hauptstadt von Bihar, werden trotz steigender Zahl an Corona-Patienten auch weiterhin alle anderen Patienten versorgt.

In Pune, Indien, verteilen die MMS-Schwestern Proviantpakete (oben). Auch in den Dalit-Dörfern (die hinduistischen Dalits zählen in Indien zur Gruppe der „Unberührbaren“) in Hajipur werden Lebensmittel verteilt (re.)

 

Weil keine Schutzmasken aufzutreiben waren, haben MMS-Schwestern in Angiya Kenia beschlossen, selbst welche anzufertigen (unten).

MMS-Sr. Suzan Asinde betreute in Uganda einen "Verdachtsfall".

Spendenaufruf

„Die Missionsärztlichen Schwestern gehörten in all diesen Ländern zu den Ersten, die Vorsorge getroffen haben, um in ihren Spitälern, Gesundheitsstationen und Sozialeinrichtungen Kranke behandeln, pflegen und heilen zu können sowie Menschen in ihrem jeweiligen Umkreis so gut es geht mit dem Nötigsten zu versorgen“, sagt FAD-Obmann Reinhard Heiserer. Kranken und leidenden Menschen zu helfen sehen die Missionsärztlichen Schwestern als ihre wichtigste Aufgabe an, die sie auch im Kampf gegen das Coronavirus stärkt und nicht aufgeben lässt.

Die Freunde Anna Dengel wollen diese  (lebensrettende) Arbeit der Schwestern auch während der Corona-Pandemie weiter voll unterstützen und bitten daher um Spenden.

Spendenkonto Verein Freunde Anna Dengel: RLB Tirol - IBAN: AT57 3600 0002 0002 4000.