Anna Dengels Schwestern bauen wieder ein Spital

Die Missionsärztlichen Schwestern errichten in einer der ärmsten Regionen Ghanas eine „Family Clinic“ – Unterstützung für dieses integrierte Gesundheitsprojekt kommt aus Österreich durch die Freunde Anna Dengel und Jugend Eine Welt.

Es ist eine der ärmsten Regionen des Landes, die Infrastruktur ist nur schwach ausgebaut und eine regelmäßige medizinische Versorgung der Bevölkerung gibt es praktisch nicht. Letzteres wollen die Missionsärztlichen Schwestern hier nun verändern: Auf einem weitläufigen Areal am Rande der kleinen Stadt Kulmasa im Sawla-Tuna-Kalba Distrikt in der Savannah-Region im Norden der afrikanischen Republik Ghana errichten sie eine „Family Clinic“. Tatkräftig unterstützt wird das bereits angelaufene integrierte Gesundheitsprojekt der „Medical Mission Sisters“ vom Verein „Freunde Anna Dengel“ in Kooperation mit der österreichischen Hilfsorganisation Jugend Eine Welt.

„Das Wohnhaus für die Schwestern ist fertig, das Ausbildungszentrum für das Pflegepersonal sowie ein Wirtschaftsgebäude nahezu“, berichtete Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von Jugend Eine Welt sowie Obmann des Vereins „Freunde Anna Dengel“, von seinem letzten Besuch in Kulmasa im Frühjahr 2022. Da gab es einiges zu besprechen mit der Projektleiterin vor Ort, MMS-Schwester Rita Amponsaa-Owusu. Sie lebt gemeinsam mit zwei Mitschwestern bereits seit Herbst 2020 in Kulmasa, bis zur Fertigstellung des Wohnhauses in einer provisorischen Unterkunft.

Die von der Tiroler Ärztin und Sozialpionierin Anna Dengel gegründeten Missionsärztlichen Schwestern sind schon seit 1948 in Ghana vertreten und haben in den Städten Berekum und Techiman jeweils ein Krankenhaus samt Krankenschwesternschulen aufgebaut. Die Trägerschaft der Spitäler wurde Jahre später an die jeweilige Diözese übertragen.

80 Kilometer bis zum nächsten Arzt

Die Idee, sich auch in ländlichen und medizinisch unterversorgten Regionen Ghanas zu engagieren, hatten die MMS bereits vor einiger Zeit. „Wir haben lange einen geeigneten Standort für diese neue Mission gesucht“, so Schwester Rita. Die Wahl fiel schließlich auf Kulmasa. Die Bevölkerung gehört mehrheitlich ethnischen Minderheiten an, die teilweise noch ihre traditionellen afrikanischen Religionen praktizieren. Die Menschen hier leben überwiegend von der Landwirtschaft, die angesichts der kurzen Regen- und langen Trockenzeit wenig ertragreich ist.

Außer der Hauptstraße gibt es in Kulmasa und seinen umliegenden 54 Dörfern keine asphaltierte Straßen. Das nächste Krankenhaus mit Arzt ist gut 80 Kilometer entfernt. Eine kleine Krankenstation in Kulmasa ist völlig desolat, es fehlt an Ausstattung und Medikamenten.

Vor allem für schwangere Frauen sowie Mütter mit ihren Kindern gibt es in der Region, in der rund 20.000 Menschen leben, bisher keine Versorgung. „Unsere Klinik ist auf diese Gruppe ausgerichtet, aber wir werden auch für alle anderen da sein“, so Schwester Rita, die selbst ausgebildete Pharmazeutin mit mehr als 10-jähriger Berufserfahrung im Techiman-Spital ist. Dazu hält sie auch einen Master-Abschluss in Projektmanagement in Händen.

Mehrteiliges Projekt

Wie groß das Bedürfnis der Menschen nach einer dauerhaften Gesundheitsfürsorge ist, zeigte sich an der großzügigen Geste der lokalen Chiefs: das Grundstück für das Spital samt Nebeneinrichtungen wurde den Schwestern geschenkt. „Damit es schnell errichtet werden kann“, so Kulmasawura Ababio Jamani, Chief von Kulmasa. Der Muslim dankte ganz besonders Bischof Angkyier sowie dem Ortspfarrer für das Engagement der katholischen Kirche, die Missionsärztlichen Schwestern nach Kulmasa gebracht zu haben.

Zur Umsetzung des Projektes hat Jugend Eine Welt zunächst einen eigenen Mitarbeiter vor Ort geschickt, der den Schwestern begleitend und beratend zur Seite stand. Denn das Projekt umfasst nicht nur den Bau und in weiterer Folge den Betrieb der „Family Clinic“, sondern zudem ein mobiles „Public Health-Programm“ sowie ein ländliches Entwicklungsprogramm mit Schwerpunkt „Empowerment“ von Mädchen und jungen Frauen.

Durch (technisch bedingte) Verzögerungen erfolgt der Baustart für die zentrale Säule des gesamten Programmes – die Clinic – nunmehr erst im Oktober 2023. Mittelpunkt des Gebäudes wird die Geburtsstation mit Kreißsaal und einem Mutter-und-Kind-Zimmer mit sechs Betten. Dazu wird eine eigene Notaufnahme mit kleinem Operationssaal, ein Labor, eine Apotheke sowie drei weitere Sechs-Bett-Zimmer (je für Kinder, Frauen, Männer) errichtet. Die für PatientInnen dann „24/7“ geöffnete Clinic wird schließlich mit einem eigenen Ambulanzauto ausgestattet. Eine Seltenheit in der ganzen Region. Die ganz Clinic ist insgesamt weit mehr, als man gemeinhin in Ghana unter dem Begriff „Clinic“ versteht – das wäre eigentlich nur eine „Gesundheitsstation mit Arzt“.

Gesundheitsuntersuchung unter dem Mango-Baum

Aufgebaut und erfolgreich etabliert haben die Schwestern bereits ihre Public Health-Schiene. Seit dem Frühjahr 2022 tourt jeweils an zwei Tagen im Monat ein elfköpfiges Team bestehend aus Arzt, Krankenschwestern und Hebammen durch die umliegenden Dörfer. Angeboten werden der Bevölkerung Beratung und Gesundheitsuntersuchungen sowie kleine Eingriffe unter „freiem Himmel, im Schutz eines großen Mangobaumes.“ Der Arzt Dan-Beck Powell reist dafür extra aus dem weit entfernten Krankenhaus an: „Wenn ich nicht persönlich kommen würde, wären viele der Kinder hier wohl verloren.“ Vor allem Frauen mit ihren Kindern sind es, die oft den ganzen Tag ausharren, um eine Behandlung zu bekommen. Alle zu versorgen, geht sich jedoch noch nicht immer aus.

Empowerment“ für Frauen

Auf dem gut 15 Hektar großen Grundstück richten die MMS auch eine kleine Farm ein. Bauern und Bäuerinnen aus der Region sollen hier in umweltfreundlichen und nachhaltigen landwirtschaftlichen Methoden unterrichtet werden. Etwa mit dem Anbau verschiedener Gemüsesorten sollen in der Region langfristig Grundnahrungsmittel ergänzt und damit eine ausgewogenere sowie gesündere Ernährung für die Bevölkerung  sichergestellt werden. 

Ganz wichtig ist den Schwestern auch das „Empowerment“ von Mädchen und junge Frauen: deren Bildung und Persönlichkeitsentwicklung soll gezielt gefördert werden. Catherin Osei, Oberin der Missionsärztlichen Schwester in Ghana, zitiert dafür gerne den ghanaischen Bildungspionier James E. K. Aggrey: „Bildest Du einen Mann aus, bildest Du eine einzelne Person. Bildest Du eine Frau aus, bildest Du eine ganze Nation.“

„Uns ist sehr am Wohl der Frauen hier gelegen, das spielt nicht nur für sie selbst, sondern auch die Gesundheit ihrer Kinder eine wesentliche Rolle“, bekräftigt Schwester Rita. So fördern die MMS auch allerlei Maßnahmen und Aktivitäten, die speziell Frauen zu einem besseren wirtschaftlichen Einkommen verhelfen. So hilft etwa die Produktion von Seifen und Shea-Butter dabei, auch während der Trockenzeit Geld für ihre Familien zu erwirtschaften.

Hilfe aus Österreich  

„Wir verbinden hier moderne kurative Medizin mit einem umfangreichen Public Health Programm zur Vorsorge, Aufklärung und Bildung bis in die entlegensten Dörfer“, erklärte Ordensoberin Catherin Osei bei der Feier zum offiziellen Projekt-Start im Sommer 2021. Damals pflanzte sie gemeinsam mit dem anwesenden katholischen Bischof der Diözese Damongo, Peter Paul Angkyier, und dem Regionaldirektor der ghanaischen Gesundheitsbehörden, Chrysantus Kubio, am Baugelände als Symbol für den Start einen kleinen Mango-Baum ein. Umringt wurde das Trio von vielen Einwohnern Kulmasas sowie örtlichen Würdenträgern.

„Mutter Anna Dengel hätte mit diesem ganzheitlichen Projekt für alle Menschen, ungeachtet ihrer ethischen und religiösen Herkunft, sicher die hellste Freude gehabt“, meint Reinhard Heiserer.  Deshalb „fördern wir gemeinsam mit Jugend Eine Welt alle Etappen dieses Projektes – SpenderInnen und FinanzierungspartnerInnen sind herzlich willkommen, um die noch bestehenden Finanzierungslücken zu stopfen!“

Spendenkonto Freunde Anna Dengel – Jugend Eine Welt: AT66 3600 0000 0002 4000

Stand: Sommer 2023

ORF-Bericht über das Klinik-Projekt der Missionsärztlichen Schwestern

Reinhard Heiserer – Jugend Eine Welt Geschäftsführer und Obmann des Vereins Freunde Anna Dengel – besuchte im Frühjahr 2022 gemeinsam mit ORF-Journalist Zoran Dobric die Missionsärztlichen Schwestern in Kulmasa. Sein Bericht mit dem Titel "Initiative in Ghana: Drei Missionsärztliche Schwestern gründen eine Klinik" wurde in der ORF-Sendung Orientierung am 19.Juni 2022 ausgestrahlt und lässt sich über unseren YouTube-Channel nachsehen (rechts)

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