
Anna Dengels Schwestern feierten 100 Jahre in Steeg
Medical Mission Sisters aus aller Welt hielten Einkehr im Geburtsort ihrer Gründerin.
Hoher bischöflicher Besuch, Wanderungen in Sari und Sandalen über schneebedeckte Wege, kulinarische Tiroler Köstlichkeiten, eine Messfeier und ein Fest mit lokaler Prominenz. Abwechslungsreiche Tage erlebte eine internationale Abordnung Missionsärztlicher Schwestern in Steeg im Lechtal bei ihrer „Einkehrwoche“ anlässlich der Feiern zu 100-Jahre „Medical Mission Sisters“ (MMS). In jenem Ort, in dem Ordensgründerin Anna Dengel (1892-1980) geboren wurde.
Über Anna’s Antrieb
Anna Dengel war eine der ersten Ärztinnen Österreichs, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz in vielen Ländern der Welt neue Maßstäbe bei der medizinische Versorgung von Frauen, Kindern, Menschen am Rande der Gesellschaft gesetzt hat. „Sie war eine Frau, die ihrer Zeit weit voraus war, sie verband die Medizin mit einer starken Spiritualität, so entstand der Begriff einer ganzheitlichen Heilung. Ganz im Sinne unserer Gründerin haben wir die Facetten unserer heilenden Mission laufend weiter entwickelt“, erklärte Agnes Lanfermann, die amtierende Generalkoordinatorin der MMS mit Sitz in London.
1925 hat Anna Dengel in Washington D.C. den Orden gegründet. Als junge Ärztin hatte sie zuvor in Indien viel Leid aufgrund der magelnde ärztlichen Hilfe für Frauen und Kinder erlebt. Das zu ändern war „ihr Antrieb“, der Orden breitete sich in kurzer Zeit weltweit aus. In Ländern Asiens, Afrikas, Lateinamerikas wurden Spitäler, Entbindungsstationen, Mutter-Kind-Zentren und Ausbildungsstätten eröffnet, in Europa Sozialeinrichtungen. Dieser „starken, kühnen, zugleich bodenständigen und praktisch veranlagten Frau ist es zudem gelungen, das uralte Kirchenverbot, dass Ordensleute nicht ärztlich tätig sein dürfen, zu Fall zu bringen.“ Heute würde man Anna Dengel wohl als geniale Marketing- und Fundraising-Expertin bezeichnen, die ihr Ziel mit aller Kraft, bestärkt im Glauben, verfolgt. Ihre Mission war es nicht, Menschen zum christlichen Glauben zu bekehren, sondern ihnen zu helfen, egal welcher Religion sie angehören.
Feier für Steegs Ehrenbürgerin
Anna Dengel hat ihre alte Heimat stets vermisst. Wann immer es die Zeit erlaubte, was selten vorkam, besuchte sie ihre Familie in Tirol. Gerne verbrachte sie Urlaubstage im Lechtal, 1961 wurde sie zur Ehrenbürgerin Steegs ernannt. Grund genug für die MMS-Schwestern, zum 100. Geburtstag des Ordens eine Woche im Geburtsort der Gründerin zu verbringen und Einkehr zu halten. 35 Schwestern aus Indien, Pakistan, den Philippinen, Äthiopien, Ghana, Malawi, Uganda, Venezuela, Peru, USA, Deutschland, Belgien, Italien, Niederlanden und England reflektierten hier über ihre jeweils aktuelle Arbeit. Lanfermann: „Anna’s Motto, dass jede Generation Antworten auf die Nöte der Zeit suchen muss, gilt für unsere Gemeinschaft bis heute.“
Bischof zu Besuch
Mehr darüber wissen wollte auch Tirols Bischof Hermann Glettler, der die Schwestern extra in deren Unterkunft, dem Alpenhof in Kienberg, besuchte. Er zeigte sich beeindruckt von Anna Dengels Werk und dessen Entwicklung nach dem Tod der Gründerin: „Ihr gebt uns das Zeugnis einer globalen Geschwisterlichkeit, die gerade angesichts der aggressiver werdenden Nationalismen und diverser Ideologien von unschätzbarem Wert ist.“
Krönender Abschluss der Woche war eine Messefeier in der Steeger Pfarrkirche unter Leitung von Dekan Franz Neuner und Pfarrer Otto Walch, mit reger Beteiligung der Lechtaler Bevölkerung. Einige Frauen hatten sich dafür eigens in Lechtaler Tracht gekleidet. „Heilend präsent sein mitten in unserer verwundeten Welt, das ist euer Herzensanliegen, was nur möglich ist, durch Mitarbeit, finanzielle und ideelle Unterstützung vieler Menschen“, gratulierte Dekan Neuner zum Geburtstag. Und überreichte den Schwestern Blumensamen, damit „Anna Dengels Werk weiter blüht.“
Freunde Anna Dengel unterstützen
Unterstützung für die MMS gibt es auch aus Österreich. „Dank der Spenden von Tirolern, einer Förderung des Land Tirols konnten wir mithelfen, ein Herzensprojekt umzusetzen“, berichtete Reinhard Heiserer, Obmann des Vereins „Freunde Anna Dengel“, beim von Steegs Bürgermeister Günther Walch organisierten 100-Jahre-Fest im „Anna-Dengel-Gemeindesaal“. So nahm jüngst die „Familiy Clinic“ in Kulmasa im Norden Ghanas den Betrieb auf, ein mobiles Gesundheitsteam tourt durch die Dörfer. 40.000 Menschen in einer der ärmsten Regionen des Landes hatten zuvor keine regelmäßige medizinische Versorgung.
Viel Lob für Lebenswerk
Viel Lob für Anna Dengel und die Arbeit der MMS-Schwestern heute sprachen bei der Feier auch weitere Redner aus. Die bischöflich Beauftragte für die Orden und Geistliche Gemeinschaften in der Diözese Innsbruck, Sr. Ilsemarie Weiffen, hielt etwa fest: „Wie ein Weinstock hat Anna Dengel Reben wachsen lassen, die Früchte gebracht haben und überall dort noch Frucht bringen, wo Menschen der Heilung bedürfen, der Orden hat seine Zweige weltweit ausgebreitet und noch heute wachsen überall dort, wo es Schwestern gibt, wachsen Früchte, die dem Leben der Menschen dienen.“ Als kleine Erinnerung und Dankeschön überreichte Weiffen den Schwestern einen Weinstock.
Ein spezielles Geschenk an die Generalkoordinatorin überbrachten die „Lechtaler Trachtenfrauen“, allen voran die bekannte Trachtenschneiderin Margret Hauser aus Steeg: „Ich hab keine Tracht geschneidert, aber für Sr. Agnes einen indigoblauen Rock aus in Österreich gewachsenem Leinen.“
Begleitet wurde die Feier von Musikant Paul Hauser auf dem Akkordeon – was nicht nur die Schwestern zum Tanzen brachte, sondern auch die geladenen Honoratioren wie Dekan Neuner, Pfarrer Otto Walch und Bürgermeister Walch. Als kleines Dankeschön für die große „Steeger Gastfreundschaft“ erhielt Letzterer von den Schwestern ein Bildnis der jungen Anna Dengel – zum Aufhängen im Bürgermeisterbüro.